Peter Matussek

Medienästhetik des Klangs

6. Musik der griechischen Antike

6.2 Klangethik

Musik war für die Griechen kein "auditory Cheesecake" (vgl. 5.3), sondern integraler Bestandteil ritueller und kultischer Praktiken. Je nach Anlass (Mysterienfeier, Mythenerzählung, Siegerehrung, Totenklage, Tragödie, Komödie etc.) und je nach Weihegott (Apollon, Dionysos) wurden unterschiedliche Instrumente, Rhythmen und Tonarten eingesetzt.

Die Unterschiedlichkeit der Musikstile und Instrumentierungen resultierte aus der Verschiedenheit der Regionalkulturen der griechischen und kleinasiatischen Stämme (Dorer, Ionier, Aioler, Phryger, u.a.). Ihre zunehemnde Vermischung aufgrund von Völkerwanderungen, Kriegen und Handelsbeziehungen führte schließlich dazu, dass die zunächst ethnisch verstandenen Differenzen nun zur anlassbezogenen Charakterisierung musikalischer Modi herangezogen wurden.

Hinsichtlich der Instrumentierung wurde insbesondere zwischen den Klangcharakteristiken der Leier und des Aulos unterschieden. Während die Leier  mit ihren leisen und sanften Tönen als Begleitinstrument für epischen Gesang zum Einsatz kam, war der durchdringende und aufgrund ihrer Doppelrohrstruktur tendenziell dissonante Laut der Aulos das geeignete Instrument für ekstatische Rituale, etwa im Dionysos-Kult.

Seit den Anfängen der griechischen Philosophie gibt es Versuche, die anlassbezogenen Charakterisierungen weiter zu systematisieren, indem man ihre jeweilige "Gestimmtheit" zu Seelenzuständen und Affekten in Beziehung setzte. Daraus ging schließlich eine Klangethik hervor, die sich mit der Frage befasste, welche musikalischen Modi eher günstig oder ungünstig für die Herausbildung menschlicher Tugenden seien.

Den Grundstein hierfür legte Pythagoras (ca. 570–510 v. Chr.), der davon ausging, dass die Ordnung des Kosmos auf tönden Schwingungsverhältnissen, der "Sphärenharmonie", beruhe und folglich auch die menschlichen Affekte durch geeigneten Einsatz von Klängen therapiert werden könnten (6.2.1).

Platon folgt der pythagoreischen Grundüberzeugung vom Einfluss der Musik auf die Affekte und die Seele, wendet sie aber pädagogisch an (6.2.2).

Aristoteles (bleibt hier außen vor).

Als Tongeschlechter bezeichneten die Griechen die durch die jeweiligen Tonabstände bedingten Charakteristika von Melodien, die hinsichtlich ihrer Klangcharakteristik bewertet wurden (6.2.4).

Außerdem unterschieden die Griechen verschiedene melodische Modi hinsichtlich der Tonskalen, die in ihnen vorkommen. Auch sie wurden nach ethischen Gesichtspunkten bewertet (6.2.5).

6.3 Klangethik6.3 Klangethik
SprechblaseSprechblase
Fragezeichen