Peter Matussek

Medienästhetik des Klangs

6. Musik der griechischen Antike

6.2.2 Melodische Modi

Quelle: upload.wikimedia.org

Zu beachten: Als ab ca. 800 die griechischen Modi in das System der sog. "Kirchentonarten" überführt wurden, sind die Bezeichnungen "dorisch" und "phrygisch" aufgrund eines Übertragungsfehlers vertauscht worden. Dennoch ist diese Bezeichnungsumkehr seitdem beibehalten worden. Wenn also in der heutigen Musik von "dorischem Modus" gesprochen wird, ist derjenige gemeint, den die alten Griechen "phrygisch" nannten und umgekehrt.

6.2.2.1 Dorisch (E):

nach Platon aufrüttelnd und kriegsertüchtigend
dunkler als unser Moll (kleine Sekunde im 1. Schritt)

6.2.2.2 Phrygisch (D):

stimmt nach Platon friedlich
helleres Moll (sg. großer Sexte)

6.2.2.3 Ionisch (C):

passend für Trunk- und Symposionlieder
entspricht unserem Dur

6.2.2.4 Aeolisch (A):

nach Platon verweichlichend
entspricht unserem Moll

 

 

Quelle der antiken Charakterisierungen: A.J. Neubecker, Altgriechische Musik (1977) 127 ff.

6.2.5 Melodische Modi

Was die Griechen als melodischen "Modus" bezeichneten, ist im heutigen Sprachgebrauch das "Tongeschlecht". Doch während wir heute meist nur zwischen den beiden Tongeschlechtern "Dur" und "Moll" unterscheiden, kannten die Griechen viele Modi, deren Bezeichnung auf die Herkunft aus dem jeweiligen Volksstamm verweist (Dorer, Phryger, Lyder, Aeolier, Ionier u.a.).

Unsere Darstellung beschränkt sich auf die wichtigsten vier dieser Modi: dorisch und phrygisch – die einzigen, die in Platons Staat für zuträglich gehalten wurden – sowie ionisch und aeolisch, die unserem Dur und Moll entsprechen.

Aus welchen Tonfolgen die einzelnen Modi bestehen, kann man sich am leichtesten verdeutlichen, wenn man sich den zugehörigen Grundton merkt, von dem aus man sie ohne Vorzeichen (also ausschließlich auf den weißen Tasten eines Keyboards) spielen kann. Welches diese Grundtöne sind, ist in der linken Spalte angegeben: als Tonleitern (absteigend, wie im antiken Griechenland üblich, und aufsteigend) sowie im Übersichtsbild ganz unten. Der dorische Modus z.B. beginnt bei dieser Notierung auf E, der phrygische auf D, der ionische auf C und der aeolische auf A. Daraus ergeben sich dann unterschiedliche Positionen für die beiden Halbtonschritte, die in jeder Tonleiter vorkommen. Charakteristisch für den dorischen Modus ist z.B., dass er gleich mit einem Halbtonschritt (einer "kleinen Sekunde"), nämlich von E nach F , beginnt. Das spezifische Merkmal des phrygischen Modus hingegen ist der Halbtonschritt vom sechsten zum siebten Ton, der im Unterschied zur Molltonart für eine große statt einer kleinen Sexte sorgt (hier also D–H statt D–B).

Die antiken Modi wurden im Mittelalter aufgegriffen und als sogenannte "Kirchentonarten" systematisiert. Dabei kam es zu einer Verwechlung des dorischen und phrygischen Modus. Wenn also heute von "dorische" oder "phrygisch" die Rede ist, dann im Sinne der Kirchentonarten, d.h. genau umgekehrt wie bei den alten Griechen.

Seit der Auflösung der Dur-Moll-Tonalität in der klassischen Musik um 1900 und insbesondere in Jazz und Rock spielen die Kirchentonarten wieder eine größere Rolle. In der rechten Spalte der Folie sind einige Beispiele angeführt.

6.2.2 Melodische Modi6.2.2 Melodische Modi
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