Peter Matussek

Historische Anthropologie der Animationstechnik

4. Theorien der Bewegungsanalyse

4.0 Theorien der Bewegungsanalyse

Die Phänomenologie der Bewegung hat uns gelehrt, animierte Phänomene nicht isoliert zu betrachten, sondern die Situationen und Atmosphären zu berücksichtigen, in denen sie zur Erscheinung kommen. Das wird uns im Folgenden helfen, die Historische Anthropoplogie der Animationstechnik anhand konkreter Fallstudien nachzuzeichnen.

Zuvor müssen wir aber noch einen theoretischen Zwischenschritt einfügen. Denn was wir bisher nicht geklärt haben ist die Frage, wie wir Bewegtes am angemessensten beschreiben. Das ist keine triviale Aufgabe. Denn die Sprechweise, die wir normalerweise verwenden, um Phänomene zu beschreiben (x ist y), bezieht sich auf statische Objekte, z.B.: "Die Rose ist rot." Eine solche Bestimmung könnte uns nicht befriedigen, wenn die Rose bewegt oder gar bewegend ist, z.B. wenn ein Mann sie einer Frau überreicht. Sie ist dann zwar immer noch rot, aber ihre eigentliche Bedeutung können wir nur durch die Art der Bewegung ausdrücken – und da begeben wir uns auf unsichereres Terrain: Was bedeutet die Geste des Mannes - Liebesbeweis oder Rosenverkäuferanbiederung? Wieviel Ungenauigkeiten und Interpretationsabhängigkeiten die Sprache der Bewegung mit sich bringt, weiß jeder, der schon einmal während eines Fußballspiels im Fernsehen den Ton abgedreht und den Radiokommentar angestellt hat.

In der Theoriegeschichte ist das Problem immer wieder diskutiert worden. Drei der prominentesten Ansätze aus neuerer Zeit werden wir in dieser Lektion kennenlernen:

• Das kunsttheoretische Konzept der "Pathosformeln" von Aby Warburg (4.1)
• Die Philosophie der "Sprachspiele" von Ludwig Wittgenstein (4.2)
• Die "Ästhetik des Performativen" von Erika Fischer-Lichte (4.3)

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