Peter Matussek

Medienästhetik der Schrift

9. Die drucktechnische Revolution

9.0 Übersicht

Fragt man, wer den Buchdruck erfunden habe, bekommt man oft die spontane Antwort: Gutenberg. Das ist aber falsch. Lange vor Gutenberg haben die Chinesen und Koreaner Drucktechniken erfunden, auch mit bewelglichen, ja teilweise sogar mit Metall-Lettern (9.1).

Gutenbergs Erfindung bestand in der Zusammenführung und Optimierung von Einzeltechniken, die eine Mechanisierung des Buchdrucks und damit die Massenproduktion von Schriftstücken erlaubte (9.2).

Die ersten Drucke orientierten sich typographisch an den Bibelhandschriften und sind damit ein Beispiel für die medienhistorische Beobachtung, dass ein neues Medium in seiner Anfangsphase sein Vorläufermedium zu imitieren sucht, bevor es zu seinen eigenen Ausdrucksmitteln findet (9.3).

Die neue Drucktechnik breitete sich rasant aus. Von 1470–1500, in der Zeit der sogenannten "Wiegendrucke" oder "Inkunabeln", entstanden in Mitteleuropa 255 Druckereien mit einem Ausstoß von rund 17 Millionen Büchern (9.4).

Die rasche Verbreitung von Drucksachen, die plötzlich für breite Volksmassen zugänglich machte, was zuvor der Kirche und den Gelehrten vorbehalten war, sorgte – wiederum typisch für die Anfangsphase eines neuen Mediums – auch für Ängste (9.5).

9. Die typographische Revolution9. 印刷术的演变
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