3.5 Was heißt Lesen?
Was heißt Lesen?
Das Tragende und Leitende im Lesen ist die Sammlung.
Worauf sammelt sie?
Auf das Geschriebene, auf das in der Schrift Gesagte.
Das eigentliche Lesen ist die Sammlung auf das, was ohne unser Wissen einst schon unser Wesen in den Anspruch genommen hat, mögen wir dabei ihm entsprechen oder versagen.
(Heidegger 1954)
Die guten Leutchen wissen nicht, was es einem für Zeit und Mühe gekostet, um lesen zu lernen. Ich habe achtzig Jahre dazu gebraucht und kann noch nicht sagen, dass ich am Ziel wäre.
Goethe zu Eckermann, 25.1.1830.
Schriftlichkeit ist Selbstentfremdung. Ihre Überwindung, das Lesen des Textes, ist also die höchste Aufgabe des Verstehens.
Gadamer (1960), S. 368.
Lesen deckt sich nicht mit Verstehen … Lesen geschieht in der abenteuerlichen Offenheit des Nichtverstehens
(Hans-Jost Frey)
Oft ist das Lesen nur ein zerstreutes Vorbeigleiten, ein flüchtiger, unwilliger Kontakt. Dann wieder ist es ein ozeanisches Vergnügen, Eintauchen in eine abgründige Welt, in der wir uns verlieren und vielleicht irgendwann wiederfinden. Ein seltsames Taucherspiel von Selbstverlust und Selbstgewinn.
(Ulrich Raulff 2014)
Man muss erfinderisch sein, um gut zu lesen.
(Ralph Waldo Emerson)
Wer liest, ist nicht allein. Lesen bildet, unterhält und informiert. Es macht uns einfühlsamer, trägt zur seelischen Stabilität bei, vergrößert den Sprachschatz und fördert das kritische Denken. Es verankert uns in uns selbst wie in der Welt. Man kann es immer und überall tun, es ist für jedermann erschwinglich und für alle Lebensalter geeignet. Es hilft vielen beim Einschlafen und verbessert die Qualität des Schlafs ebenso wie die Wahrnehmungsfähigkeit im Wachzustand.
(Felicitas von Lovenberg 2018)