Peter Matussek

Historische Anthropologie der Animationstechnik

Wenn wir die bisherigen Beobachtungen unter dem Aspekt thematisieren, die Jonathan Crary "Techniken des Betrachters" (Techniques of the Obeserver) nennt, dann fällt auf, dass alle bisherigen Animationstechniken einen sich bewegenden Betrachter gegenüber dem stillstehenden Artefakt zur Voraussetzung hatten: Die Bildhauer von Pygmalion bis Rodin gehen um ihr Werk herum, um es zu bearbeiten und schließlich animiert zu bewundern. Dasselbe gilt auch noch für das klassische Panorama (9.1).

Doch mit der 1823 eingeführten Innovation des "Dioramas" vollzieht sich nach Crary so etwas wie die 'kopernikanische Wende' der Animationstechnik: Im Panorama setzte sich der Betrachter selbst in Bewegung, um den Illusionseffekt des Werks zu erfahren. Beim Diorama hingegen wird der Betrachter auf der Bühne fixiert, und das panoramatische Werk kreist um ihn herum. (9.2)

Das "Kaiserpanorama" ist die erste sehr erfolgreiche Umsetzung dieses Konzepts (9.3). Worin dessen fortgesetztes Faszinosum besteht, lässt sich sehr unterschiedlich erklären: zum einen rezeptionsäthetisch, zum anderen medienarchäologisch. Für beide Ansätze kann Walter Benjamin als Pate angesehen werden.

9. Die panoramatische Wende9. Die panoramatische Wende
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