Peter Matussek

Real Virtuality – The Truth of Derealization

 


Vortrag m. Multimedia-Präsentation 11.10.2008, Hochschule der Künste Zürich.

 

     
 

Yes, there is truth in works of art – if they are well conceived. The same holds true for media art. Nevertheless, we tend to question media art‘s demand for truth. Could the reason for that be that media art confronts us with technical simulations and illusions, i.e., with appearances? In traditional art, however, aesthetic truth depends as well on appearances. We always say that a work is well conceived if it convinces us of the truthfulness of the appearance, and we say it fails if it just generates the appearance of truthfulness.

When we apply these principles to media art, we soon come to realize that questions like „What ‚really’ happens beneath the surface? Which algorithm controls the ‚real’ processes?” are of rather marginal importance,  if we are looking for aesthetic truth. Would we judge the aesthetic truth of a painting by the kind of brushes and pigments that have been used in its making? Much more important are the phenomenological realities that arise beyond  the act and the facts of the making. By suspending our sense of realism, true “virtual” reality speaks to our premonition of what might be possible. This is not a trivial criterion, as most VR-scenarios fail in that respect. The talk will discuss this difference with regard to examples of media art.


Real Virtuality – die Wahrheit der Entwirklichung

Ja, es gibt Wahrheit in der Kunst – sofern sie gelungen ist. Und dasselbe gilt für die Medienkunst. Dass insbesondere gegenüber der Medienkunst die Neigung besteht, den Wahrheitsanspruch zu hinterfragen, liegt wohl daran, dass sie uns mit Techniken der Simulation und Illusion, also mit Scheinbarkeiten konfrontiert. Aber auch in den traditionellen Künsten ist ästhetische Wahrheit stets an den Schein gebunden. Als gelungen bezeichnen wir seit je die Werke, die uns von der Wahrheit des Scheins überzeugen, als misslungen jene, die nur den Schein der Wahrheit erzeugen.

Wenn wir diese Grundsätze auf Medienkunst anwenden, erkennen wir, dass Fragen von der Art „Was geschieht ‚wirklich’ hinter der Oberfläche? Was ist der Algorithmus, der die ‚realen’ Prozesse steuert?“ für die ästhetische Wahrheitssuche eher marginal sind. Wir beurteilen ja auch nicht die ästhetische Wahrheit eines Gemäldes danach, mit welchen Pinseln und Pigmenten es gemacht wurde. Entscheidend ist vielmehr, welche Realitäten sich jenseits der Realien des Produktionsvorgangs auftun. Wahrhaft „virtuelle“ Realitäten sprechen den Möglichkeitssinn an, indem sie den Wirklichkeitssinn suspendieren. Das ist kein triviales Kriterium, denn Virtual Reality-Szenarios erfüllen es in der Regel gerade nicht. Was die Medienkunst demgegenüber zu leisten hat, werde ich an einigen Beispielen erläutern.