Monteverdis Orfeo – zweite Arie

Doch Charon, der so kunstvoll angeflehte Fährmann zur Unterwelt, bleibt völlig unbeeindruckt (s. rechts). Monteverdi demonstriert mit dieser musikdramatischen Pointe, daß es nicht das kunstvolle Dekor ist, das der Musik ihre Macht verleiht. Erst als Orpheus sich selbst und seinen Zuhörer vergißt und – verzeifelt über die Unwirksamkeit seines reich verzierten Bittens – in einen unmittelbareren Gefühlsausdruck übergeht, führt das zum Erfolg (s.u.).

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Denn Charon ist kein Kunstkenner; er reagiert nicht interpretativ, sondern physiologisch auf Klänge. Die Macht der Musik zeigt sich an ihm – wie hier von Harnoncourt (1988) eindringlich inszeniert – im Modus einer hypnotischen Überwältigung: Gegen seinen Willen schläft er ein und gibt so den Weg zum Hades frei.
Die Musikgeschichte hat zahllose Versuche hervorgebracht, diese Zauberwirkung mit den jeweils zeitgemäßen Klangformen nachzuvollziehen: