Peter Matussek

Medienästhetik des Klangs

2. Psychologie des Hörens

2.3.1 Haptisches Hören

Bouba/Kiki-Effekt

Quelle: Wikipedia

 

 

Sound Textures

2.3.1 Klang-"Texturen"

Der Begriff "Klangfarbe" bezeichnet in der Akustik die charakteristische Wellenform einer Schallwelle (vgl. 1.0), die durch die Addition verschiedener, von der Eigenschwingung der jeweiligen Schallquelle stammenden, Teilfrequenzen zur Grundfrequenz einer bestimmten Tonhöhe. Deshalb klingt z.B. der Ton C auf einem Cello anders als auf einem Xylophon.

Neben diesem metaphorischen Gebrauch des Wortes Klangfarbe neigen wir intuitiv dazu, Klänge tatsächlich mit Farbempfindungen (hell/dunkel, warm/kalt, düster/klar) zu kombinieren. Der prominenteste Versuch, diese Intuition systematisch umzusetzen, stammt von dem Komponisten Alexander Skrjabin. Für seine symphonische Dichtung Promethée. Le Poème du feu (1910) erfand er ein "Farbenklavier", das die Klänge des Orchesters zugleich durch farbige Lichtprojektionen "untermalte" (vgl. Keprt 2001). Das Video zeigt eine Aufführung, deren Lichtinstallation über das hinausgeht, was zu Skrjabins Zeit technisch möglich war.

Die Versuche Skrjabins und anderer (z.B. Anton Webern, der sich auf Goethes Farbenlehre bezog), die Klangfarbensystematik bis in einzelne Töne hinein zu präzisieren, scheitern freilich an der Individualität verschiedener Hörer und Hörsituationen. Auch in Fällen echter Synästhesie, d.h. der normabweichenden Veranlagung, Töne bzw. Klänge und Farben unmittelbar und unveränderlich zu kombinieren, sind die Kombinationen individuell verschieden. Im übrigen geht es hierbei weniger um Klang- als um Tonfarben. Die Klangfarbenforschung im engeren Sinne ist erst mit der elektronischen Musik und ihrem immens erweiterten Klangspektrum reaktualisiert worden und hat im Rahmen der Sound Studies (vgl. 4.5) noch ein großes Entwicklungspotential.

Ähnlich vage, aber als Tendenz dennoch nachweisbar, ist die synästhetische Assoziation von Klängen mit Texturen, d.h. stofflich-haptischen Qualitäten (weich/hart, spitz/stumpf, rund/eckig). Ein Beispiel hierfür sind sog. "Onomatopoetika" (von griech. ónoma = Name und poíēsis = Herstellung), d.h. Wörter, die durch ihren Klang Textur-Assioziationen wecken, wie z.B. "klirren", "Wattebausch", "zackig", "kuschelig".

In einem Experiment mit Kunstwörtern konnte festgestellt werden, dass die meisten Vp. den Klang des Wortes "Kiki" der linken Figur (untere Abb.) und den des Wortes "Bouba" der rechten Figur zuordneten (Ramachandran/Hubbard 2001).

# vgl. Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme

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