Peter Matussek

Medienästhetik des Klangs

4. Hörerzentrierte Klangforschung

4.1.13 Sampling

Beispiel Portishead: Only You

Quelle: Portishead: "Only You", aus dem Album: Portishead, Go! Discs 1997

verwendet Samples aus The Pharzyde: She Said

Aus dem Album: Labcabincalifornia, Delicious Vinyl 1995

sowie aus Ken Thorne: In The Alley Ways (Inspector Clouseau Soundtrack)

Aus dem Album: Inspector Clouseau OST, MCA 1968

4.1.13 Sampling

Sampling (von engl. sample = Stichprobe, Auswahl) ist eine musikalische Technik, die in der Musique Concrète Ende 1940er Jahre entwickelt wurde und in der Remixkultur seit den späten 1970er Jahren v.a. in HipHop, Techno und elektronischer Musik häufig verwendet wird. Navas (2012) definiert das Verfahren so:

Sampling is commonly understood to imply copying in material form, not by capturing from the real world, but from a pre-existing recording. (It) is a meta-activity that follows early forms of sound capturing.


Das Beispiel von Portishead verwendet Samples aus She Says (Beats und Lyrics:"... lose it like that ...") und aus In The Alley Ways (instrumentale Passage aus einer Filmmusik). Für die Integration in das Arrangement von Only You wurden die Samples durch Scratching rhytmisch verfremdet und ihr Klangbild verändert

Sampling kämpft seit je gegen das Missverständnis, sich am geistigen Eigentum anderer zu vergreifen. Darauf gibt es mehrere Gegenargumente (die sich freilich z. T. widersprechen):

  • In der digitalen Welt, in der sämtliche Artefakte auf Mausklick zur Verfügung stehen, besteht Originalität nicht mehr in der Schaffung neuer Inhalte, sondern in der Rekombination der vorhandenen. Diese Fähigkeit, "neue Spielzüge" einzuführen, ist das entscheidende Qualitätskriterium für das "postmoderne Wissen" (Lyotard1979).
  • Die aufwändige Bearbeitung der Samples und ihre Integration in einen neuen kompositorischen Kontext kommt einer kreativen Neuschöpfung gleich.
  • Durch die Sampling-Praxis werden künstlerische und kulturelle Bezüge zum Ausgangswerk hergestellt, das damit erneut ins Bewusstsein gerufen und (u. U. auch verkaufsfördernd) gewürdigt wird (vgl. Lessig 2008).

Allerdings ist Wiedererkennung des verwendeten Materials oft gar nicht erwünscht. So findet sich etwa auf der CD Moment of Truth von Gang Starr (1998) ein Statement gegen Plattenfirmen, die aus Werbezwecken die Namen ihrer gesampelten Bands preisgeben. Schon in den 1980er Jahren bezeichnete Eric B. "solche Enthüllungen als ein Geschenk an die Faulen, als Verfall der Detektivkünste guter DJs" (vgl. Steinwald 2001).

Ein solcher "Detektiv" (im Szenejargon: "cratedigger"), ist DJ Shadow, der auf seinem fast nur aus Samples bestehenden Album The Private Press (2002) hauptsächlich Platten verwendet, die nur in Kleinstauflage oder niemals offiziell erschienen, sondern private Pressungen sind (vgl. Reynolds 2011).

Für die sogenannten "Faulen" gibt es inzwischen Datenbanken wie www.whosampled.com, die das Identifizieren von Samples leicht machen und damit dann doch wieder das Wiedererkennen kompetitiv befördern, indem man z.B. nach "most sampled", "most covered" oder "most remixed" sortieren kann.

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4.1.13 Sampling4.1.13 Sampling
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