0. Einführung

0.1 Der Mythos von Pygmalion (Ovid: Metamorphosen, Buch X, Vers 247–288)

Schon immer waren Menschen versucht, tote Materie als lebendig erscheinen zu lassen. Die Kulturhistoriker sprechen hierbei von "Animismus" – abgeleitet von dem lateinischen Wort anima = Seele. Der Begriff der Animation, den wir heute insbesondere in der digitalen Tricktechnik verwenden, geht auf diese Ursprungsbedeutung zurück.

Der römische Schriftsteller Ovid (43 v. Chr. – 17 n. Chr.) hat in seinem Versepos Metamorphosen verschiedene mythische Überlieferungen solcher Animationsversuche zu einer Erzählung zusammengefasst: Der zypriotische Bildhauer Pygmalion soll sich demnach, enttäuscht von den realen Frauen, eine Wunschfrau aus Elfenbein geschnitzt uns sich in sein Werk verliebt haben. Unter seinen Liebkosungen und mit Hilfe der Liebesgöttin Venus soll die Statue schließlich lebendig geworden sein und ihm sogar Kinder geboren haben.

Wir kommen später auf diesen Mythos noch ausführlich zurück (Lektion 6).

Zunächst sollten wir uns klarmachen, worin die Verbindung zur heutigen Animationstechnik besteht, und wo die Differenzen liegen ...