5.5

Zeichen mit Schriftfunktion: Vinca

Quellen: Haarmann (1990), S. 71 u. 76 f., Haarmann (2002), S. 21.

Von einem ersten dezidierten Schriftgebrauch kann nach Harald Haarmann bei der alteuropäischen Donauzivilisation gesprochen werden. In deren Siedlungsgebiet (auf der Karte schwarz umrandet) wurden Kultobjekte (Tonstatuetten, Tontafeln, Spinnwirtel u.a. Votivgaben) gefunden, in die Schriftzeichen eingraviert sind. Dass es sich um Schrift handelt und nicht etwa nur um Ornamente, geht aus der Wiederholung der Zeichen hervor, aus der sich ein "Alphabet" ableiten lässt (Abb. rechts unten).

Die ältesten Funde stammen aus Tartaria (roter Punkt) und datieren auf ca. 5300 v. Chr. – rechts oben eine Spinnwirtel (eine in der Antike häufig gebrauchte Votivgabe) und eine Tontafel.

Im Vinca-Areal (grüner Punkt) wurden vor allem beschriftete Tonstatuetten gefunden (Abb. Mitte). Mit ihren weiblichen Attributen rerpräsentieren Sie Gottheiten einer matrifokalen Gesellschaft.

Da alle Funde auf rituelle Kontexte hindeuten (Kultstätten, Weiheplätze in Häusern), scheint der Schriftgebrauch der Donauzivilisation sich auf den religiösen Bereich beschränkt zu haben.