4.2.5

Leerstellen in der Musik

Auch für die Musikgeschichte sind Leerstellen ein konstitutives Element der Bedeutunggenerierung durch den Reizipienten.

In Sibelius' Vertonung einer Szene aus Järnefelts Drama "Kuolema" (= Tod) erinnert sich eine Mutter im todesnahen Delirium an einen Ball, den sie als junge Frau besuchte. Das Aussetzen des Walzertakts auf dem Höhepunkt einer beunruhigenden Steigerung der Dynamik lässt den Hörer gleichsam in die Leerstelle hineinstürzen. Diese Leerstelle, nach der es ganz anders, nämlich mit der Wiederkehr des Walzerthemas im Lento assai, weitergeht, evoziert die Kombinationsleistung des Hörers, dass die Frau wie aus einem Fiebertraum erwacht und mit einem agonalen Seufzer in der Realität wieder angekommen ist:

Jean Sibelius: Valse Triste aus der Bühnenmusik op. 44 zu Arvid Järnefelts Drama Kuolema